Immer da, immer nah: Der digitale Staat von morgen
Kennst du das? Du musst dich an deinem neuen Wohnort anmelden, und bekommst kaum einen Termin – und der, der angeboten wird, ist zu deinen Arbeitszeiten oder dann, wenn dein Kind in den Kindergarten gebrachten werden muss? Du kannst dir eine Vertretung organisieren oder jemand kann das Kind übernehmen, aber vor Ort verzögert sich ärgerlicherweise der Termin und wegen eines fehlenden Nachweises musst du erneut zum Amt? Für Menschen mit Bewegungseinschränkungen sind solche Behördengänge nochmal deutlich mühsamer.
Das müssen wir ändern und den modernen Staat des 21. Jahrhundert schaffen. Aus meiner Sicht bringt ein digitaler Staat viele Vorteile: Er entlastet Mitarbeiter*innen in den Behörden, weil viele Routineaufgaben wegfallen, wie auch die nervenaufreibende Terminsuche und wegen zeitlicher und örtlicher Flexibilität kann man auch sonntagabends vor dem Tatort noch schnell einen Antrag stellen. Mit barrierefreien Leistungen erleichtert die Digitalisierung auch das Leben vieler Menschen. Zugleich ist klar: Behörden müssen für alle Menschen erreichbar bleiben, auch ohne digitale Fähigkeiten.
"Viele zutreffende Kritikpunkte werden seit langem von der organisierten Zivilgesellschaft angemahnt. Es ist an der Zeit, endlich konsequent gegenzusteuern." - Misbah Khan MdB
Ein digitaler Staat ist aber auch in anderer Hinsicht ein soziales Projekt: Viele Anträge sind schlicht zu komplex und unverständlich – wusstest du etwa, dass diverse Begriffe wie Einkommen oder Wohnsitz in Gesetzen unterschiedlich definiert sind? Ein „Kind“ ist so beispielsweise mal „noch nicht 14 Jahre“ (Jugendschutzgesetz), „unter 15 Jahren“ (Jugendarbeitsschutzgesetz) oder hat das „25. Lebensjahr noch nicht vollendet“ (Sozialgesetzbuch II). Zudem wissen viele Menschen nicht, dass sie Anspruch auf Leistungen haben oder schrecken vor einem Antrag zurück: Nach Studien nehmen ein bis zwei Drittel der Haushalte, die eigentlich zu Grundsicherungsleistungen berechtigt sind, diese nicht in Anspruch.[1]Dabei sind gerade das die Menschen, die Hilfe dringend benötigen!
Daher muss der digitale Staat auch einfacher und proaktiv werden. Das heißt, dass dort, wo der Staat annehmen kann, dass Menschen ein Anrecht auf Leistungen haben – etwa auf Kindergeld nach der Geburt eines Kindes – diese proaktiv anbietet oder darauf hinweist, dass ein Recht bestehen könnte. Dann sollte eine Beantragung nur noch mit wenigen Klicks funktionieren. Dabei ist auch nötig, dass nicht mehr mühsam seitenweise Anträge ausgefüllt werden müssen, sondern möglichst viel Informationen automatisiert zwischen Behörden ausgetauscht werden können – wo Sie wohnen, weiß die Meldebehörde bereits, das sollte das BAföG-Amt oder das Finanzamt nicht jedes Mal fragen.
Sicherheit ist nicht alles, aber ohne IT-Sicherheit ist in der Digitalisierung alles nichts. Daher müssen Datenschutz, Datensicherheit und IT-Sicherheit konsequent umgesetzt werden. Auch sonst muss die Digitalisierung des Staates aus meiner Sicht nach klaren Werten erfolgen: Inklusion, soziale Teilhabe und die Einhaltung von Bürgerrechten haben Priorität. Dafür setze ich mich für euch im Bundestag ein.
Meine Rede im Bundestag zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes vom 23.02.2024:
[1] https://www.dji.de/fileadmin/user_upload/bibs2023/DJI_Barrieren_der_Inanspruchnahme_2023.pdf